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Catcalling und die „neue Lust am Strafen“

  • Writer: Ivo Eismann
    Ivo Eismann
  • 5 days ago
  • 1 min read

29. September 2025

Ankreiden an der Monbijou-Brücke: Magdalena Weißing (l.) und Sina Krick (r.) wollen sexueller Belästigung was entgegensetzten.© FUNKE Foto Services | Reto Klar
Ankreiden an der Monbijou-Brücke: Magdalena Weißing (l.) und Sina Krick (r.) wollen sexueller Belästigung was entgegensetzten.© FUNKE Foto Services | Reto Klar

Auf der unermüdlichen Suche nach neuen Strafbarkeitslücken widmet sich die Rechtspolitik aktuell dem sogenannten Catcalling – also der nicht-physischen, meist verbalen sexuellen Belästigung. Darunter fallen etwa anzügliche Bemerkungen, Gesten oder aufdringliche Blicke.

Der Begriff selbst ist unscharf. Die Grenze zwischen einem missglückten Kompliment und einer strafwürdigen Verletzung sexueller Selbstbestimmung ist fließend. Subjektive Empfindungen – auf Täter- wie Opferseite – spielen eine entscheidende Rolle. Selbst die Bundesjustizministerin räumt ein, dass „Graubereiche“ entstehen würden, vertraut aber darauf, „dass unser Rechtsstaat gut darin ist, mit solchen umzugehen – und es nicht zu übertreiben“.

Doch gerade im Strafrecht, dem Bereich höchster Eingriffsintensität, darf man sich nicht auf richterliche Nachjustierung verlassen. Artikel 103 Absatz 2 Grundgesetz verlangt klare Bestimmtheit: Bürgerinnen und Bürger müssen wissen, was strafbar und was straflos ist. Diese Orientierung hat der Gesetzgeber zu geben – nicht erst die Rechtsprechung.

Je vager die Tatbestände, desto größer die Gefahr der Überdehnung staatlicher Strafgewalt. Das Strafrecht darf nur als ultima ratio eingesetzt werden, nicht als Spiegel gesellschaftlicher Moralwandel.

Der Wunsch, neue Sensibilitäten im Umgang mit Sexualität abzubilden, ist legitim. Doch er rechtfertigt keine Abstriche an den Grundprinzipien des liberalen Rechtsstaats. Genau sie setzen der „neuen Lust am Strafen“ ihre notwendige Grenze.

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